Das unsterbliche Gerücht

Die Frage nach Gott und der Aberglaube der Moderne

Von Spaemann, Robert

Klett-Cotta, 2007. 263 S. 18 cm, Gebunden

ISBN: 978-3-608-94452-5

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Dass Religion Privatsache sei, gilt seit langem für ausgemacht. Dass dies ein Irrtum ist, darüber haben uns spätestens die Selbstmordattentäter belehrt. Die Frage, ob Gott solche Taten billigt oder missbilligt, ist von öffentlichem Interesse. Lassen sich Fragen nach der Existenz Gottes und nach einer eventuellen Offenbarung seines Willens rational erörtern? Und wenn ja, ist es berechtigt, sie auf sich beruhen zu lassen? Was steht dabei auf dem Spiel?

Die Wahrheitsfähigkeit des Menschen - in dieser Antwort stimmt Robert Spaemann mit Friedrich Nietzsche und Richard Rorty überein. Nur mit dem Unterschied, dass diese Autoren beides leugnen, während Robert Spaemann beides, die Existenz Gottes und die Wahrheitsfähigkeit der menschlichen Vernunft verteidigt. Mit Wittgenstein hält Spaemann es für den Aberglauben der Moderne, dass uns die Naturgesetze die Welt erklären, während sie doch selbst das Erklärungsbedürftigste in der Welt sind.

Robert Spaemann greift seit 50 Jahren in öffentliche Grundsatz- und Wertedebatten ein wie die atomare Bewaffnung, den Kosovokrieg, die Abtreibungs- und Euthanasiegesetzgebung, Sloterdijks Vorschläge zur Menschenzüchtung. Er greift die »europäischen Werte« in Büchern, Zeitschriften, Zeitungen und Fernsehdebatten auf und stellt sie infrage. Auch der geistigen Situation der Kirchen gilt seine Aufmerksamkeit. Immer geht es Spaemann darum, die Errungenschaften der Moderne gegen eine der Moderne innewohnende Tendenz zur Selbstaufhebung zu verteidigen.

Vorwort
- Das unsterbliche Gerücht
- Gottesbeweise nach Nietzsche
- Deszendenz und Intelligent Design
- Christentum und Philosophie der Neuzeit
- Funktionale Religionsbegründung und Religion
- Religiöse Identität
- Sollten universalistische Religionen auf Mission verzichten?
- Religion und'Tatsachenwahrheit'- Über einige Schwierigkeiten mit der Erbsündenlehre
- Die christliche Sicht des Leidens
- Über die gegenwärtige Lage des Christentums
- Anmerkungen
- Quellennachweis

"Aber wir müssen noch einen Schritt weiter gehen. Alle Wirklichkeitsbehauptungen, alle Existenzsätze in unserer Umgangssprache sind temporaler Natur, und zwar sind sie Behauptungen über Wirklichkeit in einem emphatischen Sinne nur im Präsens. Das Vergangene und das Künftige gelten uns nicht im gleichen Sinne als wirklich wie das Gegenwärtige. - Sätze im Futurum exactum sind nur wahr, wenn ein entsprechender Satz im Präsens jetzt wahr ist oder einmal wahr gewesen ist. - Diese Implikation gilt auch in umgekehrter Richtung: Nur was später gewesen sein wird, ist jetzt. Das Futurum exactum impliziert das Präsens. Behaupten, etwas werde künftig nicht gewesen sein, ist gleichbedeutend mit der Behauptung, daß es auch jetzt nicht in Wahrheit ist. Die Behauptung streicht sozusagen die Gegenwart ontologisch durch, indem sie ihr eine für die Selbstkonstitution unabdingbare Dimension entzieht. Wir können die Grammatik nicht suspendieren, ohne uns selbst durchzustreichen. Nun stellt sich aber die Frage nach dem ontologischen Status dieses Gewesenseins, wenn jede Erinnerung und jede Spur ausgelöscht sein wird. Welchen Sinn hat es zu sagen: Wenn alles bewußte Leben im Kosmos verschwunden sein wird, bleibt dennoch die Tatsache, daß einmal ein tiefes Glück empfunden oder daß ein Kind zu Tode gequält wurde? Was sollen wir unter diesem 'Bleiben' denken? Aber umgekehrt: Was könnte es heißen zu sagen, einmal werde dieses beides nicht mehr gewesen sein? Die Behauptung ist sinnlos, denn das Futurum exactum gehört zur Konstitution des Präsens, und seine Negation läuft auf eine Entwicklung der Gegenwart hinaus. Wir können diese Entwicklung akzeptieren und damit die Entwicklung von Personalität als Wirklichkeit von Subjektivität ..."

Robert Spaemann wurde 1927 in Berlin geboren. Er promovierte 1952 in Münster, war dann vier Jahre lang als Verlagslektor tätig. 1962 habilitierte er in den Fächern Philosophie und Pädagogik und war bis 1992 ordentlicher Professor an den Universitäten Stuttgart, Heidelberg und München.



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