Pass auf, wenn du über die Strasse gehst oder: Verlorene Wege

Fast eine Autobiographie

Von Distelmaier-Haas, Doris

Bacopa, 2015, 132 Seiten, farb- u. s/w Zeichnungen, Lesebändchen, geb.

ISBN: 9783902735843

14,80 €

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Gebrannte Wege
 
Kometen, Sternschnuppen stürzen, jagen über den Himmel, blitzen auf in den Augen meiner Mutter, Brandfetzen, Blutvögel, alles erspähend, alles packend. Schau fort! Sie blenden, schießen ein, besetzen, füllen deine Augen. Lichtbomben, Wegsucher, präzise, zielen, treffen. Prasseln, Krachen, lärmende Flammen. Die Stadt brennt, der Himmel birst vor Brand, vor Asche, vor Glut. Der Krieg ist bald aus, und Würzburg brennt. Warum brennt es, wer hat es geschrieben, wer hat es bestimmt? Ferne Fluchtstimmen, Schreie von Menschen, von Tieren. Ich sehe die Flammen in den Augen meiner stummen Mutter, sehe sie züngeln im Fensterglas der Türe, die Hauswand hoch, die Straße entlang. Ich höre sie toben, sie haben Stimmen, sie wachsen, ziehen sich zurück, brennen neu hoch, lichterloh.
 
Die Heiligen auf der Brücke, sie lodern, sie laufen: Kilian voran mit flammender Hand, Nepomuk, Josephus, Carolus, selbst Maria im Feuerkranz. Die Festung, die Kirchen, die Menschen, die Tiere auf der Flucht. Mauern, Balken brechen und stürzen, Tiere brüllen. Feuer in den Augen meiner Mutter. Keine Träne vermag es zu löschen.
 
Nie mehr will ich Kleid und Mantel ablegen, bereit zur Flucht.
 
Brandwege für immer, besetzen Träume und Tage. 16.März 1945: Würzburg brennt.
 
Ich, Kriegskind, bin gebrannt Das Feuer in den Augen meiner Mutter habe ich begraben, trage die Flamme weiter.
 
wann ist der krieg vorbei
mai lieber mai
wann tragen wir kirschen ums ohr
hab doch das rot so gerne
spucke die kerne
weit
in die mohnwiese rot
wann ist er vorbei der krieg
wer hat gesiegt
blutrot todrot
hab doch den mohn so gern
den roten mohn
spuck mit mir kerne
weit
 
INHALT
  1. Gebrannte Wege
  2. Die singende Wand
  3. Der Weihnachtsweg
  4. Wege winterweiß
  5. Bergbild mit Schwalben
  6. Flußweg Salzburg
  7. Der blaue Pfad
  8. Perugia
  9. Kinderweg
  10. Das Klassentreffen
  11. Traumjagd
  12. Der Lindenblütenweg
  13. Gottes Wege
  14. Wege an der Wand
  15. Wege im Regal
  16. Der Abschiedsweg
  17. Schneetücher
  18. Sekundenstücke
  19. Nepal mein Nepal
  20. Wege nach Venedig
  21. Der schöne Tod
  22. Coquericot
  23. Fließbild Berlin
  24. Späte Wege
  25. Die Weihnachtsblume
  26. Fluchtwege
  27. Grande Sonate Pathtique
  28. Wege mit Toune
  29. Die letzte Strecke/Leutasch
  30. Denken an Trzien /Bretagne

Autor/in:

Doris Distelmaier-Haas: 1943 in Bonn geboren. Studium der Romanistik und Anglistik an der Universität Bonn. Staatsexamen. 1970 Promotion mit einer Arbeit über Stephane Mallarme zum Doktor der Philosophie. Anschließend künstlerische Ausbildung an den Kunstakademien in Perugia und Salzburg. Freie Schriftstellerin, bildende Künstlerin und Dozentin an der Bonner Andreas-Hermes-Akademie. Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller, Pressesprecherin der Regionalgruppe NRW Süd dieses Verbandes. Mitglied der in Leipzig ansässigen Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik und der Künstlergruppe Bonn.



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