Armes reiches Europa

Die neue Spaltung von Ost und West überwinden. Herausgegeben von Kirchlicher Herausgeberkreis

Publik Forum, 2010. 256 S. m. zahlr. farb. Schaubilder 21 cm, Kartoniert

ISBN: 978-3-88095-194-5

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Die Europäische Union ist seit ihrer Ost-Erweiterung in einen weitgehend reichen West- und einen überwiegend armen Ostteil gespalten. Namhafte Autorinnen und Autoren beleuchten diese sozialpolitische Herausforderung mit 25 "Zwischenrufen". Sie zeigen, weshalb Armutsbekämpfung in den neuen EU-Mitgliedsländern intensiviert werden muss. Zahlreiche Schaubilder belegen dies.
Hierbei kann Armut nur dann nachhaltig bekämpft werden, wenn die soziale Integration Europas vorangetrieben wird. Denn eine neue europäische Arbeitsteilung nutzt das West-Ost-Gefälle von Arbeits- und Sozialstandards und setzt auf diese Weise auch die Arbeits- und Sozialverfassungen in den alten EU-Mitgliedsländern unter Druck. Daher fordern die 35 kirchlichen Herausgeber des Jahrbuchs Gerechtigkeit IV eine Überwindung der neuen Spaltung zwischen Ost und West und integrationspolitische Initiativen zur Armutsbekämpfung.Die soziale Spaltung Europas überwinden
Klaus Heidel, Thomas Posern
Als die Europäische Kommission mit der Vorlage ihrer sozialpolitischen Agenda 2005-2010 im Jahre 2005 anregte, das Jahr 2010 zum "Europäischen Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung" auszurufen, waren der Zusammenbruch der US-amerikanischen Investmentbanken im Jahre 2008 und die folgende globale Finanz- und Wirtschaftskrise noch nicht absehbar. Doch schon vor dieser Krise waren in der EU 78 Millionen Menschen von Armut bedroht Anlass genug für die Kommission, die Notwendigkeit einer entschiedeneren Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung durch die EU und ihre Mitgliedsländer zu betonen.
Inzwischen wird immer deutlicher, dass die globale Finanz- und Wirtschaftskrise auch in der reichen EU verheerende soziale Auswirkungen hat. Die Zunahme von Arbeitslosigkeit und Armut prägt die sozialpolitische Debatte. Ihre Konzentration auf die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise lässt jedoch die neue soziale Spaltung der EU in den Hintergrund treten. Diese Spaltung wirkt sich je länger desto mehr in der gesamten EU armutsverschärfend aus. Doch in den alten EU-Mitgliedsländern nehmen Politik und Öffentlichkeit nur unzulänglich zur Kenntnis, dass die EU seit ihrer Osterweiterung in einen überwiegend reichen West- und einen überwiegend armen Ostteil gespalten ist. Doch die Vision eines "gemeinsamen Hauses Europa" kann nur dann Wirklichkeit werden, wenn diese Ost-West-Spaltung der EU überwunden wird.
Dies unterstreicht das Jahrbuch Gerechtigkeit IV, das von 35 Kirchen, kirchlichen Werken, Diensten und Gruppen herausgegeben wird. Erstmals gehören zum Herausgeberkreis auch zwei nichtdeutsche kirchliche Einrichtungen, nämlich die Katholische Sozialakademie Österreichs und die Kommission Kirche und Gesellschaft der Konferenz Europäischer Kirchen.
Vorbereitet wurde das Jahrbuch Gerechtigkeit IV unter anderem mit der europäischen ökumenischen Fachtagung "Arme reiche EU?" in Wien Anfang 2009. Im Mittelpunkt standen Berichte von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den neuen EU-Mitgliedsländern. Sie machten deutlich, in welchem Maße Armut und soziale Polarisierung die neuen mittel- und osteuropäischen Mitgliedsländer der EU prägen. Einige dieser Berichte sind in Teil II dieses Jahrbuchs dokumentiert. Ergänzt werden sie durch weitere Bestandsaufnahmen, die wie der eigens für dieses Jahrbuch verfasste Beitrag des Ökumenischen Rates der Kirchen in Ungarn ein bedrückendes Bild von der sozialen Wirklichkeit in den neuen EU-Mitgliedsländern zeichnen, wenn wir von Slowenien absehen. Dass solche Bestandsaufnahmen in den alten EU-Mitgliedsländern viel zu wenig bekannt sind, wurde bei der Fachtagung in Wien betont.
Zugleich zeigte diese Fachtagung, dass Kirchen in den alten und neuen EU-Mitgliedsländern häufig unterschiedliche Auffassungen über Strukturen und Funktionen des Sozialstaates haben: Bei vielen Kirchen, kirchlichen Werken und Gruppen in den alten EU-Mitgliedsländern setzte sich die Einsicht durch, dass der Staat als Sozialstaat die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und damit auch der wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Menschen zu gewährleisten habe. In den neuen EU-Mitgliedsländern aber tendieren viele Kirchen zu einer auch sonst gesellschaftlich vorherrschenden Staatsdistanz aufgrund negativer Erfahrungen mit staatlichem Handeln in staatssozialistischen Zeiten, denn der sozialistische Staat war alles andere als ein Sachwalter des Gemeinwohls. Diese unterschiedlichen Sichtweisen müssen Kirchen ernst nehmen und sollten ins Gespräch miteinander bringen.



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