Jüdisches Denken, Theologie, Philosophie, Mystik

Von der mittelalterlichen Kabbala zum Chassidismus

Von Grözinger, Karl E.

Campus, 2006. 935 S. 23 cm, Gebunden

ISBN: 978-3-593-37513-7

74,00 €

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Die Kabbala - Geheimlehre oder Philosophie?
"Kabbala" ist heute ein Zauberwort und eine Mode, womit Gelehrte, Esoteriker und Scharlatane gerne die Welt erklären. Es gibt jedoch kaum ein Thema, über das so viel Unsinn und Falsches verbreitet wird. Ist die Kabbala Magie, Geheimlehre oder Philosophie?
Band 2 der Geschichte des jüdischen Denkens bietet eine systematische Darstellung kabbalistischen Denkens.

Seit dem Mittelalter versuchen Juden die unübersichtliche Welt zu deuten und den Ort des Menschen in ihr zu finden. Dazu diente ihnen auch die Kabbala, in die Modelle der Philosophie ebenso wie der Sprache, die Lehre von Engeln und Dämonen sowie der göttlichen Allbeseeltheit Eingang fanden. Der wissende Mensch kann, als Magier, diese Erkenntnisse verwenden und wird zum Partner Gottes in der Welterhaltung und -gestaltung. Der Kabbala zufolge fließt das göttliche Fluidum in allem, Menschenseelen erfüllen in der Seelenwanderung (Gilgul) menschliche Körper, Tiere, Pflanzen und Minerale. Riten und Gebotserfüllung werden neu gedeutet - so ist schon die tägliche Mahlzeit ein sakramentaler Akt. Karl Erich Grözinger stellt die verschiedenen kabbalistischen Modelle vor, bis hin zum Buch Sohar, das all diese Fäden zu einer phantastisch romanhaften Literatur verbindet, und zum osteuropäischen Chassidismus, der die kabbalistische Theosophie in eine mystische Anthropologie verwandelt.

1. Das Buch der Schöpfung Sefer Jezira2. Gott und die Schöpfung3. Die Einheit als zentrale Botschaft des Buches4. Die 32 Wege der Weisheit die Verbindung der Zahlen- und Buchstabentradition5. Der Sefer Jezira und die Magie der Erzvater
1. Gruppen und Texte2. Der geistige Ort zwischen Philosophie und antiker Onomatologie3. Gott4. Schöpfung von Welt und Mensch5. Die ethischen Lehren
Sefer ha-Bahir »Das Buch der Helle«1. Das Buch und sein Charakter2. Die Kabbala und die Gnosis Gemeinsames und Trennendes3. Gott und die Schöpfung4. Die Herkunft des Bösen5. Anthropologie6. Gottesdienst als Theurgie7. Namen, Buchstaben und Vokale die OnomatologieB. Die kastilischen Gnostiker: Ja akov und Jizchak ha-Kohen, Mosche aus Burgos und Todros Abul afja1. Die kastilischen Kabbalisten ihr Ort in der Entfaltung der Kabbala2. Gott und seine Offenbarung3. Die Herkunft des Bösen4. Die Kosmologie Jizchaks5. Die gnostisierende Anthropologie nach Moses aus BurgosII.
Die Schriften des Ijjun-Kreises ihr Ort in der Entfaltung der Kabbala2. Gott3. Die vielfältige Rede vom Einen und die Lehre vom vierfachen Schriftsinn

"Der Band von Jüdisches Denken widmet sich ausschließlich dem, was im allgemeinen Bewusstsein als »Jüdische Mystik« firmiert. Das sind die mittelalterliche und frühneuzeitliche Kabbala sowie der mittelalterliche und der spätere osteuropäische Hasidismus des 18./19. Jahrhunderts samt dessen Ausläufern in der Gegenwart. Der Leser dieses Bandes wird jedoch sehr bald erkennen, dass Kabbala und Hasidismus in erster Linie als esoterische Theologien zu betrachten sind, die wie die anderen Richtungen der jüdischen Theologie und Philosophie auch ihre mystischen Seiten haben. Die Kabbalisten nennen ihre Lehre darum Hochma nisteret, »Verborgene Weisheit«, was sich durch das schöne Kürzel HeN, mit der Bedeutung »Huld« ausdrücken ließ. Überdies zeigt die Einfügung dieser esoterischen Theologien in das Denken der mittelalterlichen jüdischen Philosophen, die im ersten Band dargestellt wurden, dass Kabbala und Hasidismus sich als eine spezifische jüdische Synthese aus altrabbinischer Tradition und mittelalterlicher Philosophie darstellen, die man mit den Kabbalisten sehr wohl die Torat Emet, die »Wahre Tora«, also die vera philosophia judaica, des Mittelalters bezeichnen kann. Haben die mittelalterlichen jüdischen Philosophen den Versuch unternommen, die altjüdische Theologie, Kosmologie und Anthropologie mit den Mitteln der griechisch-arabischen Philosophie darzustellen, so haben die Kabbalisten den umgekehrten Weg beschritten. Sie haben die zentralen Gedanken der Philosophie in das Gewand der genuin jüdischen Traditionen gekleidet. Hier wird unter Berücksichtigung nicht hintergehbarer philosophischer Positionen Judentum mit den zentralen Themen jüdischen Denkens neu formuliert. Darum ist es nicht verwunderlich, dass die Kabbala bis in die Gegenwart, vor allem in Gestalt des Hasidismus, sich eine feste und weit ausgebreitete Bleibe im Judentum verschaffen konnte, während die Philosophie eher den Rückzug antrat, um erst durch die Aufklärung wieder in den Vordergrund treten zu können."

Prof. Dr. Karl E. Grözinger, Institut für Religionswissenschaft/Jüdische Studien, Universität Potsdam.

Autor/in:

Karl E. Grözinger, Professor für Religionswissenschaft und Jüdische Studien, lehrte an den Universitäten Frankfurt a. M., Lund (Schweden) und Potsdam und als Gastprofessor in Israel, USA, Polen und Tschechien. Von ihm sind zahlreiche Publi­kationen zu allen Phasen der jüdischen Religionsgeschichte erschienen. Seine Themen sind Jüdische Theologie, Philosophie, Mystik, Kabbala, Chassidismus und jüdische Erzählungen.



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