Fälschung und Fake

Zur diskurskritischen Dimension des Täuschens

Von Doll, Martin

Kadmos, 2012. 480 S. m. 43 Abb. 23 cm, Kartoniert

ISBN: 978-3-86599-140-9

29,80 €

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"Kritik heißt nicht, dass man lediglich sagt, die Dinge seien nicht gut so, wie sie sind. Kritik heißt herausfinden, auf welchen Erkenntnissen, Gewohnheiten und erworbenen, aber nicht reflektierten Denkweisen die akzeptierte Praxis beruht. Kritik zeigt, dass die Dinge nicht so selbstverständlich sind, wie man meint, damit sie nicht mehr so selbstverständlich hingenommen werden. Kritik heißt, Dinge, die allzu leicht von der Hand gehen, ein wenig schwerer zu machen." (Michel Foucault)

Ob handgeschnitzte 'Fossilien', Gesänge eines kaledonischen Barden aus dem 3. Jahrhundert oder erfundene Prominenten-Interviews die Liste spektakulärer Fälschungen und Fakes ist lang und vielfältig. Anhand von Fallgeschichten verfolgt dieses Buch zwei zentrale Fragen: Was waren die Umstände, die zur Akzeptanz der Falsifikate geführt hatten? Und welche diskurskritischen Effekte folgten jeweils aus den Aufdeckungen? Vor dem Hintergrund einer Relektüre von Michel Foucaults archäologisch-genealogischen Texten entwickelt Martin Doll zunächst eine Theorie der Fälschung und des Fake. Dadurch werden die Phänomene von einem ontologischen Wahrheitsbegriff gelöst und stattdessen diskurstheoretisch als Kippfiguren betrachtet. Die noch 'echten' Fälschungen erscheinen vor ihrer Aufdeckung nämlich zunächst als wahr, authentisch, original oder autorisiert und erst später, nach ihrer Entlarvung, als Falsifikat eine Dynamik, die bei Fakes, bei denen die Offenlegung von vornherein mitentworfen ist, eine besondere Sprengkraft entfaltet. Als Untersuchungsgegenstände können Fälschungen und Fakes daher zum einen Auskunft darüber geben, welche Kriterien in einem bestimmten geschichtlichen Zeitraum maßgeblich für die Akzeptanz von wissenschaftlichen Gegenständen, authentischen oder autorisierten Texten etc. sind. Zum anderen können sie als Diskursereignisse begriffen werden, weil sie zwar zunächst auf einem Sockel regelmäßiger Praktiken ruhen, bei ihrer Offenlegung aber dafür sorgen, dass die in einem Diskurs gültigen Aussagen, Regeln und Praktiken einer Prüfung unterzogen werden, wenn nicht sogar eine grundlegende Transformation durchlaufen.Die untersuchten Fälle verteilen sich auf knapp vier Jahrhunderte. Analysiert werden u.a. die sogenannten 'Würzburger Lügensteine' (1726), der Piltdown Man (1912-1953), James Macphersons Ossianische Gesänge (1760), die Interviewfälschungen von Tom Kummer (1996-2000), die gefälschten Magazinbeiträge für 'stern TV' von Michael Born (1990-1996) und die interventionistischen Praktiken der US-amerikanischen Künstlergruppe 'The Yes Men' (1999-heute).

 

Autor/in:

Martin Doll ist seit 2011Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Attrakt-Forschungsprojekts "Ästhetische Figurationen des Politischen im Zeitalter des ›Postnationalen‹" an der Fakultät für Sprachwissenschaften und Literatur, Geisteswissenschaften, Kunst und Erziehungswissenschaften der Universität Luxemburg. 



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