Rezension zu: "Ich und kein Handy"

von Karsten B.
Datum hinzugefügt: Montag, 24. April 2017
An meiner Schule unterrichte ich Schülerinnen und Schüler im Alter von durchschnittlich 15 bis 20 Jahren in naturwissenschaftlichen Fächern, die das Ziel haben, die Hochschulreife zu erwerben. Das Smartphone ist hier ein sehr präsenter Alltagsgegenstand, der zu Beginn jeden Schuljahres sehr viel Aufmerksamkeit während des Unterrichts bindet. Nur durch konsequente Vereinbarungen und Umgangsregeln (denn bei besonderen Anlässen, z.B. zu Recherchezwecken, ist die Handynutzung durchaus sinnvoll) ist es oftmals möglich, dass eine ' vor allem für die Schülerinnen und Schüler ' angenehme sowie erkenntnis-, lehr- und lernreiche Arbeitsatmosphäre entsteht. Das zunehmende auftauchen von SmartWatches an den Handgelenken, wird in der nächsten Zeit das Problemspektrum entsprechend erweitern.

Das Buch "Ich und kein Handy" hat mir nun einen besonderen Blick hinter die Kulissen gewährt. Zum Einen wurden meine Beobachtungen/Befürchtungen/Sorgen etc. bestätigt, dass z.B. das intensive persönliche Lernen in Verbindung mit dem Sammeln von Erfahrungen, teilweise abgelöst wird durch oberflächliches Betrachten. Auf der anderen Seite konnte ich mich aber auch sehr gut in die Bedürfnisse meiner Schülerinnen und Schüler hineinversetzen, die von der beginnenden Pubertät, bis hinein ins junge Erwachsenenalter nach Gruppenzugehörigkeit, persönlicher Identifikation, Zuneigung, überhaupt Orientierung, sowie vieler weiterer Existenzhilfen suchen.

Der gerade mal 12 Jahre junge Autor, der als handyloser "Nerd" als einziger kein Mobiltelefon in seiner Klasse hatte, beschreibt sehr bildhaft, aber auch sehr klar seine persönlichen Nöte und mit welchen Schwierigkeiten er sich auseinander setzen musste. Er beschreibt aber auch ebenso klar und genauso bildhaft, was ihn daran nervte, dass seine Mitschüler und Freunde (übertrieben gesagt) immer nur an den Handys kleben und nicht mehr am Leben da draußen teilnehmen.

Die Sicht des Autors auf die Handy- und Medienwelt erweitert ganz klar das Spektrum für meine pädagogische Arbeit als Lehrer, durch einen Zuwachs an Verständnis für meine Schülerinnen und Schüler. Ein Großteil der Kolleginnen und Kollegen, auch Die anderer Schulen sehen das Handy, bzw. den Status den es bei den Kindern und Jugendlichen hat, immer noch eher als Problem, denn als Chance. Dem schließe ich mich immer noch an. Auch hat mir das Buch wieder einmal ganz klar vor Augen geführt, wie hoch der Mangel an Problembewusstsein seitens der Bildungspolitik und auch der Presse bezüglich dieses Themas ist. In diesem Punkt sehe ich die Verantwortung der genannten Institutionen zu wenig wahrgenommen. Das Buch "Ich und kein Handy" kann hier meiner Ansicht nach ein mit Charme und Witz verfasster Intitialfunke sein, denn besonders die Perspektive eines betroffenen Schülers, der gerade kein Handy besitzt, finde ich hier besonders wertvoll. Ich danke dem jungen Autor für seinem Mut, all das erlebte nieder zuschreiben. Im Buch erkennt man aber auch verantwortungsvolle und sehr bewusste Eltern, die ihrem Sohn in allem zur Seite stehen und aus bestem Gewissen heraus und im stetigen Dialog, die Entscheidung kein Handy zu haben, tragen.

Meiner Meinung nach ist "Ich und kein Handy" ein hervorragendes Buch vor allem für Eltern und Lehrer, zur Erweiterung des persönlichen Blickes und Verständnisses.

Bewertung: 5 von 5 Sternen! [5 von 5 Sternen!]